Während ich am vergangenen Samstag, dem 7. August 2021, diesen Blog-Beitrag schreibe, brennen Griechenland und der Süden der Türkei. Der Spiegel erscheint mit dem Titel „Gerät das Klima außer Kontrolle?“, gedruckt auf einer Aufnahme aus dem griechischen Inferno. Weiterhin sind die schlimmsten Verwüstungen im Westen Deutschlands noch längst nicht aufgeräumt und die zerstörten Gemeinden werden noch Jahre benötigen, um zu einer „Normalität“ zurückzufinden. In Bezug auf das sich immer mehr verschärfende Chaos, wie auch angesichts der anstehenden Bundestagswahl, müsste jetzt eigentlich eine lebhafte, gesellschaftliche Debatte ausbrechen. Doch der Wahlkampf und die begleitenden Diskussionen dümpeln vor sich hin. Es ist auffällig ruhig im Land.
Was würde dagegen ein*e verantwortungsbewusste*r Unternehmer*in tun, wenn ständig Gefahr im Verzug ist, das Geschäftsmodell abhandenkommt und die eigenen Absatzmärkte sich in einem radikalen Wandel befinden? Ganz klar, diese*r Geschäftsführer*in würde die Initiative ergreifen und zusammen mit ihrem*seinem Führungsteam ein knallhartes Restrukturierungsprogramm durchziehen. Alle entsprechenden Maßnahmen kommuniziert sie*er dann an die gesamte Belegschaft. Das gleiche müsste eigentlich auch mit der Deutschland AG passieren. Warum bekämpfen wir das Klimachaos nicht? Worauf warten wir noch?
Sich die Geschwindigkeit des Klimawandels bewusst machen
Zunächst müssen wir uns nochmals bewusst machen in welcher Geschwindigkeit der Klimawandel abläuft. Fast alle Wissenschaftler haben sich getäuscht. Nicht darin, dass der Mensch und das Wohlstandsmodell des Westens die wahre Ursache für die Erwärmung des Klimas sind, was ja einige ewig Gestrige immer noch bezweifeln und verleugnen. Stattdessen haben sie die Geschwindigkeit unterschätzt, mit der die bedrohlichen Entwicklungen voranschreiten. Die Auswirkungen sind nicht linear, sonder schießen in einer Kurve nach oben, die die Form eines Hockeyschlägers hat.
Die Hälfte des Kohlendioxids, das heute geschätzt jährlich 40 Gigatonnen ausmacht, wurde in den letzten dreißig Jahren ausgestoßen. Eine einzige Generation, der auch ich angehöre, hat es demzufolge geschafft, unseren Planeten, unser einziges Zuhause, das wir haben, an den Abgrund zu führen. Wir haben das jahrelang verdrängt und uns geweigert, uns das verursachte Klimachaos und seine Konsequenzen bewusst zu machen. Und viele Angehörige der Boomer-Generation leugnen diese Verantwortung in der Tradition der bekannten drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
Warum Technik allein keine Lösung ist
Was können wir demnach tun, um unseren Teil für ein besseres Klima beitragen? Zunächst kann natürlich jeder in seinem direkten Umfeld, in seinem persönlichen Biotop, richtige Maßnahmen ergreifen. Diese reichen von Abfallvermeidung, über Energieeinsparung bis hin zum Einsatz ressourcenschonender Technik. So haben wir in unseren beiden Unternehmen MOYA und dr. mohr Druckwerk viele Investitionen unter dem Gesichtspunkt des Energiesparens eingeführt: stromsparende Kompressoren, Umstellung der Beleuchtung auf LED, energetische Sanierung der Büroräume und das Ausmustern von stromfressenden Servern. Eine 100 kWp PV-Anlage mit Wärmepumpen, Stromspeicher und Wallboxen sind die größten Investitionen im nächsten Jahr. Unsere Agentur soll bald vollständig klimaneutral arbeiten. Doch reicht das wirklich?
Maja Göpel, eine der einflussreichsten Ökonominnen, schreibt in ihrem lesenswerten Buch „Unsere Welt neu denken – Eine Einladung“, Ullstein Buchverlage, Berlin:
„Eine Wirtschaftsweise, die in einer begrenzten Welt mit endlichen Ressourcen auf stetes Wachstum setzt, ist nicht nachhaltig. Es gilt neu zu verhandeln, was den Wohlstand der Menschen übermorgen ausmacht. Dafür brauchen wir neue Begriffe und Konzepte, die ausdrücken, was wir künftig wichtig finden. Planetenzerstörung darf nicht mehr Wachstum heißen. Reine Geldvermehrung nicht länger Wertschöpfung. Grenzen des Wachstums sollten Überwindung der ökologischen und sozialen Schadschöpfung heißen.“
Darum sind jetzt sind Nachhaltigkeitsinitiativen gefragt
Eine Patentlösung für ein nachhaltiges Wirtschaften gibt es selbstverständlich nicht. Jede*r Unternehmer*in muss für sich eine Strategie finden wie sie*er sich im Klimachaos, der größten Krise unserer Zeit, positionieren will. So muss sich jede*r Verantwortliche*r darüber in Klaren sein, dass die alten Geschäftsmodelle in ein paar Jahren nicht mehr funktionieren werden. Nicht nachhaltige Unternehmen werden in einer ähnlich atemberaubenden Geschwindigkeit verschwinden (müssen) wie in den letzten Jahren davor unvorstellbare Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise vollzogen wurden. Wenn das Klimachaos noch weiter außer Kontrolle geraten sollte, werden wir uns auf Restriktionen beim Verbrauch von Strom, Wasser, Abfall und allen möglichen Ressourcen einstellen müssen.
Andererseits bietet die Mitarbeit am Klimawandel einträgliche Chancen. Besonders Handwerksbetreibe können sich jetzt schon zukunftssicher aufstellen, wenn sie sich heute klar für nachhaltiges Wirtschaften positionieren. So zeigen Kooperationen wie Handwerk mit Verantwortung die jetzt notwendigen Initiativen mit vielen positiven Konzepten auf. Außerdem kann in einem Strategiegespräch oder einem Positionierungsworkshop das nachhaltige Geschäftsmodell weiter geschärft werden.
Sie möchten sich mehr in das Thema einlesen? Dann empfehle ich Ihnen folgende weitere Lektüren:
- Maja Göpel: Unsere Welt neu denken, Ullstein Buchverlage Berlin
- Tim Jackson: Wohlstand ohne Wachstum, oekom Verlag, München
- Waldemar Zeiler: Unfuck the Economy, Goldmann Verlag, München
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