„Kreative Arbeitstechniken zur Lösungsfindung“ kennenzulernen, war das erklärte Ziel des Seminars, das das Team Kreation Anfang April 2019 besucht hat. Vermittelt wurden Inhalte vom „Erfassen“ des Phänomens Kreatitvät bis zum Aufbau problemlösungsorientierter Arbeitsstrukturen – anhand praxiserprobter Strategien und Methoden.
„Design Thinking ist eine Innovationsmethode, die auf Basis eines iterativen Prozesses nutzer- und kundenorientierte Ergebnisse zur Lösung von komplexen Problemen liefert. Der Begriff Design bezieht sich dabei im Sprachverständnis auf die angelsächsischen Wurzeln.1 Das Handbuch „Design Thinking“ (erschienen im Frankfurter Allgemeine Buch Verlag) möchte den Begriff Design hier weniger als gestalterische Arbeit, sondern vielmehr als umfassende Problemlösungsmethode verstanden wissen. Ein umfassendes, komplexes Thema braucht wache und engagierte Mitarbeit – und im besten Fall acht Augen, die mehr sehen als sechs. Und so waren am 4. April 2019, 9.00 Uhr, in den Seminarräumen der IHK Bayreuth für die Kreativen gleich vier Plätze reserviert und das erwartungsvolle Designteam nahm gespannt und vollzählig teil.
Seminarinhalt
Dem Ziel der Veranstaltung folgend, gestaltete Dozentin Sieglinde Lang das Seminar, wenn auch weniger als theorielastige Unterrichtseinheit als vielmehr lebendigen Workshop (mit „guter Laune“ und „Aha-Effekt“, so der Wunsch auf Teilnehmerseite), der die Anwesenden dazu anhielt, sich verschiedener Problemstellungen systematisch und methodisch anzunehmen und Gelerntes zu erproben. Zum Aufwärmen war bereits die Vorstellung der Teilnehmer mit einer praktischen Aufgabe verbunden, ein Prinzip, das anschließend auf jeden Step adaptiert wurde: Von jedem Teilnehmer vorbereitete Problemstellungen (meist zu betrieblichen Themen wie Workflow- und Prozessoptimierung) wurden im ersten Schritt gesammelt, geclustert und schließlich einer passenden, kreativen Problemlösungsmethode zugeordnet. Diese wurde in der Folge von den Teilnehmern ausprobiert, angewandt und die Ergebnisse präsentiert, ausgewertet und verglichen.
Neben Faktoren, die innovatives schöpferisches Arbeiten erschweren (die sogenannten Kreativitätskiller – Konkurrenz- und Zeitdruck, Erwartungsdenken, starre Vorgaben, falsche Herangehensweise, Zweifel an der eigenen Idee, u.v.m.) wurden 11 Grundlagenfaktoren als Voraussetzung für Kreativität ermittelt (u.a. geistige Beweglichkeit, aktives Problembewusstsein, Lebenserfahrung, Neugier, Mut). Mit diesem Rüstzeug im Gepäck lernten die Teilnehmer nun im Anschluss Strategien und Methoden kennen, um einem gemeinschaftlich gesammelten Pool von Aufgaben in systematischer Weise Herr werden zu können.
Strategien und Methoden
Es wurden sechs Basis-Strategien vorgestellt – Ansätze, das Denken umzukehren, mit praxisbezogenen Methoden verknüpft, um konkrete kreative Problemlösungen zu entwickeln:
- Fließendes Denken (z. B. die „5-Wort-Methode“)
- Innovative Kombinationen vornehmen (z. B. „Morphologischer Kasten“)
- Das Unverbundene verbinden (z. B. „Papierflieger-Brainwriting“)
- Blick auf die Kehrseite („Walt-Disney-Methode“, „6-Hüte-Methode“ und „Flip-Flop-Methode“)
- Blick in andere Welten (z. B. „Analogie herstellen“)
- Finden, wonach sie nicht gesucht haben („Abstruse Ideen“)
Nachfolgend ein kleiner Einblick in drei der vermittelten Methoden:
1. Morphologischer Kasten
Ein Problem wird in klar voneinander abgegrenzte Parameter zerlegt, die zunächst in die erste Spalte einer Tabelle eingetragen werden. Für die einzelnen Teilelemente werden dann denkbare Lösungen in horizontaler Anordnung eingetragen. Aus den erarbeiteten Einzellösungen für die einzelnen Parameter werden optimale Kombinationsmöglichkeiten gesucht und als solche kenntlich gemacht. Aus den entstandenen Kombinationen aus Lösungen für Einzelparameter können dann wiederum konkrete Lösungsansätze für das komplexe Problem abgeleitet werden.
2. Denkstühle
Auch bekannt als Walt-Disney-Methode, der diese Methode im eigenen Arbeitsprozess begründet hat. Bei der Methode wird auf ein Rollenspiel-Prinzip zurückgegriffen, bei dem eine Person (oder eine Gruppe) jeweils die Rolle des Träumers, des Realisten und des Kritikers einnimmt. Der Träumer erspinnt phantastische und unmögliche Ideal-Ideen, die der Kritiker hinterfragt und Gegenargumente sucht. Der Realist (zwischen den beiden Extremen) lässt seinen Normalverstand walten und entwickelt aus den phantastischen Ideen pragmatische, konkret planbare, realistisch umsetzbare Lösungen. Die Möglichkeit, im Prozess den Platz mehrmals zu wechseln, hilft beim Einnehmen einer gegensätzlichen Denkhaltung.
3. Flip-Flop-Methode
Die Methode basiert auf dem Prinzip, eine Problemstellung ins genaue Gegenteil umzukehren. Die Lösung wird dann zunächst für diese umgekehrte Aufgabenstellung erarbeitet. Die Verkehrung der tatsächichen Problematik ins Gegenteil hilft, sich bei der Lösungsfindung von auf der Hand liegenden, etablierten Denkmustern freizumachen. Wieder wird das Ergebnis auf den Kopf gestellt und somit konkrete Lösungsideen für das eigentliche Problem entwickelt werden.
Fazit
Die vielfältigen Hintergründe und Biografien der insgesamt 12 Teilnehmer am Seminar haben verdeutlicht: Kreative Problemlösungsmethoden werden in weit mehr als nur formgebenden, gestalterischen Berufen benötigt. Als Maßnahme, um Techniken zur Abkehr von eingefahrenen Denkmustern und standardisierten Prozessen zu finden – oder schlicht als Anregung, das zu überdenken, was schon immer so war und neuen, fruchtbaren Nährboden zu schaffen. Die Teilnahme am Seminar lohnt sich in jedem Fall. Für den Konzepter, für den Designer und für jeden, der in irgendeiner Art und Weise in einem strategischen Dienstleistungsprozess arbeitet oder Interesse an innerbetrieblicher Problemlösung hat.
Gastbeitrag von Hans Schrepfer
Quellenangabe:
1 Falk Uebernickel, Walter Brenner, Britta Pukall, Therese Naef, Bernhard Schindlholzer: Design Thinking: Das Handbuch. Frankfurter Allgemeine Buch, 2015, S. 16
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