Der weltberühmte Satz von Michail Gorbatschow fiel, laut seinen Memoiren, in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker kurz vor der Wende: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Dieser Satz gilt heute im digitalen Zeitalter umso mehr für jeden Unternehmer. Wer sein Geschäftsmodell nicht ständig hinterfragt und sich dem permanenten Wandel nicht anpasst, kann ganz schnell von der Bildfläche verschwinden. Ganz besonders gefährdet sind dabei Tätigkeiten, die mit Rechnerleistung, Speicherung und Analyse von gewaltigen Datenmengen ersetzt werden können. Sogenannte Algorithmen ersetzen nicht nur Beratungs- und Vermittlungstätigkeiten, sie bestimmen die Ergebnisse der Suchmaschinen, diagnostizieren Krankheiten und wählen den besten Bewerber aus.
Die wenigsten Unternehmer machen sich Gedanken zur Plattformökonomie
Doch die größte Gefahr für den Mittelstand geht von der sogenannten Plattformökonomie aus. In fast allen Branchen besteht die Gefahr, dass immer mehr Geschäfte direkt abgewickelt werden. Jeder Hersteller, Handwerker oder Dienstleister pflegt seine Kundenkontakte, die Lieferungen und Leistungen werden direkt mit den Kunden abrechnet. Diese Prozesse laufen seit Jahren bewährt und sind von einer hohen Kundenbindung mit entsprechenden kalkulierbaren Folgeaufträgen geprägt. Doch das ändert sich im digitalen Zeitalter radikal. Aus dem Nichts kann ein typischer Plattformanbieter die bewährte Lieferanten-Kundenbeziehung durchbrechen und entzieht dem Lieferanten mit seiner Vermittlungsdienstleistung den direkten Kundenkontakt. Der Kunde profitiert von einem vielfältigen Angebot mit einer nie dagewesenen Preistransparenz, während der Lieferant zum reinen Erfüllungsgehilfen abgestempelt wird. Amazon, airbnb und Uber haben es mit ihren Portalen vorgemacht.
Portale werden verharmlost, bis sie an Fahrt aufnehmen
Die meisten Portale starten erst einmal mit Standardprodukten oder einem begrenzten Angebot. So begann Amazon erst einmal mit der Vermarktung von Büchern und Tonträgern, bis man sich nach und nach zu einem universellen Kaufhaus entwickelte, wo mit Fremdanbietern mittlerweile jedes nur denkbare Produkt angeboten wird. Auch individuelle Produkte, wie Fenster, Carports oder Gartenzäune werden erst einmal in Standardgrößen auf Plattformen angeboten. Innerhalb kürzester Zeit sind jedoch diese Produkte auch maßgeschneidert verfügbar, in jedem denkbaren Material inklusive einer individuellen Montage vor Ort und das alles mit konkurrenzlosen Preisen. Immer mehr Hersteller vermarkten ihre Produkte auf eigenen Online-Shops und Liefer-Plattformen. Sie übergehen damit gezielt den Handel und den Handwerker vor Ort. Günstige Lieferservices und Montagetruppen arbeiten dann als ihr Erfüllungsgehilfe, der direkte Kundenkontakt verschiebt sich vom Hersteller zum Endkunden. Alle früheren regionalen Zwischenhändler und Dienstleister gehen leer aus. Diese Entwicklung geht bei einer erfolgreichen Plattform nicht mehr in linearen Schritten sondern in eher exponentieller Geschwindigkeit voran. Viele Unternehmen haben keine richtige Vorstellung davon, welche Marktmacht ein Plattformanbieter mit entsprechender Kapitalausstattung entwickeln und mit welcher Dominanz der die gesamte Nachfrage im Markt absaugen kann. Für die leidtragenden Firmen dazwischen ist es mit dem plötzlichen Auftauchen solcher Internet-Portale oft zu spät, das eigene Ruder noch herumzureißen.
Eine Neupositionierung in guten Zeiten ist die beste Versicherung
Bevor sich ein fremder Dritter von heute auf morgen in Ihre Kundenbeziehungen hineindrängen kann, sollten Sie sich mit Hilfe einer Neupositionierung klare Alleinstellungsmerkmale erarbeiten, die Sie vor einer solchen Gefahr schützen. Eine Nischenspezialisierung kann dazu genauso ein erfolgreiches Gegenmittel sein wie ein konkurrenzloses Serviceangebot, das ihre Kunden auf Dauer an Ihr Unternehmen bindet und weniger anfällig für günstige Allround-Portale macht. Hier muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg gehen und entsprechend nach seinen Kompetenzen und Vorlieben die für sich passende Strategie wählen. Entscheidend allein ist, dass man auf ein derartiges Szenario vorbereitet ist und für den Fall der Fälle ein durchdachtes Geschäftsmodell in der Schublade liegen hat oder bereits bei der Umsetzung tätig ist. Diese Frage sollte sich jeder Unternehmer in Hinblick auf seine Zukunftsfähigkeit stellen: Was ist mein konkreter Plan, wenn sich schon morgen ein Plattformanbieter zwischen meinem Angebot und meinen Kunden drängen möchte? Auch wenn bereits eine Neupositionierung vorliegt, muss diese immer wieder neu auf die aktuelle Marktsituation abgestimmt werden. Deshalb empfehlen wir, das aktuelle Geschäftsmodell auf einem großen Poster mit Post-It-Haftnotizen immer im Blick zu haben. Wie Sie hier genau vorgehen und welche Vorlage Sie dafür verwenden können, erfahren Sie in unserem Positionierungsworkshop, den wir regelmäßig auch als eintägiges Arbeitsseminar anbieten. Termine veröffentlichen wir regelmäßig über unseren Newsletter oder fragen Sie einfach über info@moya-marketing.de an.
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