Für mich als Designer ist es eine große Freude Ihnen einen Beitrag über den Markenrelaunch der Lufthansa zu verfassen. Der Entwicklungszeitraum von knapp fünf Jahren zeigt, wie umfangreich Designprojekte ausfallen können. Folglich müssen sich Gestaltungsprozesse perfekt einspielen, um langfristig funktionieren und bestehen zu können. Letztendlich immer mit dem Ziel vor Augen, das beste Ergebnis für den Kunden zu erreichen.
Eine strategische Neuausrichtung für die größte Airline Europas zu entwickeln, ist eine Mammutaufgabe. Über Jahre hinweg häufen sich, bei Unternehmen dieser Größenordnung, die Touchpoints. Das heißt es gibt immer mehr Berührungspunkte zwischen Lufthansa und deren Kunden, sei es in der realen Umwelt oder im digitalen Netz. Gerade durch Social Media ist die Marke „24/7“ für jedermann zugänglich. Ein ausschlaggebender Grund sämtliche Touchpoints zu überdenken und die Markenwelt in eine geordnete Richtung zu befördern. Die hervorragende Basis, die Gestalter Otl Aicher ab 1962 schuf, wurde angetastet aber ehrenvoll behandelt.
Alle sechs Jahre müssen Passagiermaschinen in den Hangar, um die Maschine zu prüfen und Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Im übertragenen Sinne stellte man nun die Marke Lufthansa auf den Prüfstand.
Ok, warum begeistert mich das Redesign der Lufthansa nun so stark? Anhand der folgenden drei Topics Farbgebung, Typografie und Bildmarke möchte ich es Ihnen erklären. Aber lassen Sie sich vorab doch schon einmal von dem nachfolgenden Video inspirieren.
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Farbgebung
Wie es im Making-of der Lufthansa heißt, wurde dem Passagier nie eine klare Farbsprache der Lufthansa kommuniziert. Das stimmt: Wenn Sie an Lufthansa denken, kommen Ihnen bestimmt die Farben Blau und Gelb in den Kopf. Aber welche ist die führende Farbe?
Die Kollegen der Münchner Agentur Martin et Karzcinski definierten Blau als qualitative Führungsfarbe. Blau steht für Premium, Luxus und Wertigkeit. Gelb hingegen übernimmt funktionale und emotionale Aspekte. Sie werden also nun von gelben Schildern begrüßt, wenn Sie am Check-in stehen. Oder online von gelben Buttons geleitet, wenn Sie einen Flug buchen.
Typografie
Früher mit Helvetica und heute mit eigener Hausschrift, um in neue Höhen vorzudringen. Wie kommt es zur Entscheidung eine eigene Hausschrift zu entwickeln? Das Hauptargument ist die Lesbarkeit auf sämtlichen Medien. Sah die Helvetica z. B. auf einem Flugticket analog super aus, wirkte sie später im Digitalen unleserlich. Man griff folglich auf andere Schriften zurück. Diese Unterschiede nehmen wir als Nutzer wahr, sei es bewusst oder unbewusst. Mit einer einheitlichen Schriftart, die auf sämtlichen Medien funktioniert, wirkt man dieser „Zerstreutheit“ entgegen. Die neue Schriftart der Lufthansa blieb der Helvetica in Grundzügen treu, jedoch wurde die Lesbarkeit so optimiert, dass sie nun Medienübergreifend (sowohl Print als auch Digital) harmonisch funktioniert.
Bildmarke – der Kranich
Kleine Änderungen erzielen eine große Wirkung. Nach der letzten Logoüberarbeitung im Jahre 1990 wirkte es so, als würde der Kranich hinter dem Kreis fliegen. Im Zuge der Optimierung des Kranichs wurden dessen Schwingen weiter geöffnet und Kreis verschlankt. Im ersten Moment wirkt diese Optimierung für ungeschulte Betrachter gar nicht so auffällig, jedoch steckt hier der Teufel im Detail. Der Kranich, sprich die Bildmarke der Lufthansa, muss auf jedem Medium funktionieren. Dies muss natürlich auf jedem Medium getestet werden. Ein großer Teil der Entwicklung fließt in solche Optimierungen hinein. Es liegt in der Verantwortung des Design-Teams, dass der Kranich sowohl auf meinem iPhone, als auch auf dem Seitenleitwerk des Flugzeugs immer gleich gut aussieht.
Gestaltung kommuniziert immer. Schon vor dem Relaunch stand Lufthansa für eine Premium-Marke. Nun hat sich diese Markenwahrnehmung für mich definitiv noch verstärkt. Wenn wir das maximale Startgewicht von 560 Tonnen eines Airbus A380 hernehmen, sehen Sie, wie wichtig es ist, dass die PS auf die Straße (oder in diesem Fall in die Luft) kommen. Gerade bei einer Airline wie der Lufthansa müssen alle Faktoren im Prozess durchdacht und gestaltet sein. Funktioniert ein Teilbereich der Marke nicht, fällt es auf die gesamte Markenwahrnehmung zurück. Machen Sie bspw. eine schlechte Erfahrung am Check-in oder im Flugzeug der Lufthansa, beeinflusst es Ihre Markenwahrnehmung. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass alle Berührungspunkte mit der Marke als positiv und premium empfunden werden. In meinen Augen ist es den Kollegen aus München in Perfektion gelungen und für mich ist dieser Relaunch eines der schönsten und zugleich strategisch durchdachtesten Projekte, das in den letzten Jahren realisiert wurde.
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