Stellen Sie sich vor, Sie wollen spontan eine Pizza backen. Dafür schauen Sie bestimmt erst einmal in alle Schränke. Der Blick verrät Ihnen, ob überhaupt alle nötigen Zutaten und Gerätschaften im Haus sind. Ähnlich, nur leider ein bisschen aufwendiger, funktioniert eine SWOT-Analyse. Unternehmen nutzen sie, wenn sie als komplette Organisation oder mit einzelnen Geschäftsbereichen ein strategisches Ziel erreichen wollen und dafür den richtigen Kurs suchen.
Doch was genau kann ein strategisches Ziel sein? Und wie hilft die SWOT-Analyse dabei es zu erreichen?
Denken Sie sich bitte in folgende Situation: Sie leiten einen Metzgerbetrieb, der weit und breit für seine köstlichen Rezepturen und besonderen Feinkostwaren bekannt ist. Ihr Firmensitz befindet sich in einer eher ländlicheren Gegend, im Umkreis von 40 Kilometern befinden sich Ihre 10 Filialen. Ihr Geschäft floriert! Dann bietet Ihnen ein befreundeter Metzger an, seine Filialen mit all seinen Mitarbeitern zu übernehmen, weil er bald in Ruhestand geht. Diese befinden sich in der nächstgelegenen Großstadt, die ca. 80 Kilometer weit entfernt liegen, gut besucht und auf Catering-Leistungen spezialisiert sind.
Die Frage, ob Sie Ihrem Bekannten die Filialen abkaufen, ist hier die zu treffende strategische Entscheidung.
So funktioniert die SWOT-Analyse
Um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, nutzen Sie eine SWOT-Analyse.
Diese setzt sich aus vier Bereichen zusammen:
S steht für Strengths (Stärken)
W steht für Weaknesses (Schwächen)
O steht für Opportunities (Chancen)
T steht für Threats (Risiken)
Als Stärken und Schwächen werden hier die unternehmensinternen Faktoren verstanden. Chancen und Risiken sind hingegen externe Faktoren, die nicht direkt von Ihnen beeinflusst werden können, sondern eher Ihr Unternehmensumfeld betreffen.
Sie nehmen sich also einen Tag Zeit. An diesem setzen Sie sich mit allen Ihren Filialleitern, Ihrem Bekannten und Ihrem größten Lieferanten zusammen und füllen das oben stehende Diagramm gemeinsam aus.
Stärken
Sie haben zum Beispiel im Gegensatz zu vielen Ihrer Konkurrenten kein Nachwuchsproblem und Ihre Mitarbeiter sind sehr loyal Ihrem Betrieb gegenüber, unter anderem, weil Sie überdurchschnittlich gut bezahlen und das betriebliche Miteinander super funktioniert. Außerdem lieben die Kunden Ihre Produkte. Besonders die, der hochpreisigen Feinkostlinie. Das sind zum Beispiel zwei Ihrer Stärken, von denen auch die neuen Filialen profitieren könnten.
Schwächen
Auf der Seite der Schwächen gibt es aber auch ein paar Punkte. Mehrere Ihrer Filialen müssen umfassend saniert werden, was für Sie kostspielige Investitionen bedeutet. Diese kämen noch zum Kaufpreis der neuen Filialen, den gesteigerten Löhnen und den Betriebskosten hinzu. Außerdem geht die Hälfte Ihrer Filialleiter in den nächsten zwei bis vier Jahren in Rente. Es wird schwer sie gleichwertig nachzubesetzen, weil sie meist seit Jahrzehnten eine verlässliche Stütze für den Betrieb sind.
Chancen
Als Chance notieren Sie, dass Sie wissen, dass besonders der Feinkostbereich eine stetig wachsende Nachfrage verzeichnet, vor allem in einkommensstarken Gegenden. Da sich die zum Verkauf stehenden Filialen alle in den besten Vierteln der Großstadt befinden, ahnen Sie hier ein großes Potenzial. Außerdem erproben Sie gerade ein Digitalisierungskonzept in Ihren bestehenden Märkten, das dort sehr gut ankommt. Sie können sich vorstellen, dass die eher jüngere Zielgruppe in der Großstadt dieses Projekt noch viel positiver wahrnimmt als Ihre meist älteren Kunden auf dem Land.
Risiken
Bei den Risiken sehen Sie als Metzgerei die Gefahr, dass der Trend bei jungen Menschen aus Umweltgründen mehr zu einer vegetarischen oder veganen Ernährung geht und damit die Zukunft des Metzgerhandwerks ein Stück weit bedroht. Das ist besonders in der neuen, urbaneren Gegend ein Risiko. Darüber hinaus gibt es einen sehr starken Wettbewerber am neuen Standort, der Ihren wirtschaftlichen Erfolg gefährden könnte, weil er vergleichbare Produkte zu niedrigeren Preisen verkauft.
Vom Ist-Zustand zu hilfreichen Ableitungen für die Zukunft
Anhand der erstellten SWOT-Matrix leiten Sie nun in einem zweiten Schritt Maßnahmen ab. Wie können Sie sicherstellen, dass einerseits Ihre Stärken bewahrt und Ihre Chancen Realität werden? Und wie, dass andererseits die Schwächen ausgeräumt und die Risiken minimiert werden, indem Sie ihnen gezielt entgegenwirken?
Zum Beispiel können Sie, solange die Filialleiter noch im Betrieb sind, eine Art Paten-Programm entwickeln. Im Rahmen dieses Programms lernt der erfahrene Mitarbeiter einen geeigneten Stellvertreter an und begleitet ihn so lange wie möglich und nötig.
Oder Sie können in Bezug auf Ihr Digitalisierungskonzept eine Kundenbefragung durchführen, um zu überprüfen, wo eventuell noch Verbesserungsmöglichkeiten liegen.
In Hinblick auf das Risiko, dass eine Abkehr von tierischen Produkten stattfindet, können Sie vielleicht vorhandene Kapazitäten nutzen, um eine vegetarische Linie einzuführen, die Ihr Vorwissen über die Geschmackerwartungen der Kunden aufgreift. Alternativ können Sie sich klar positionieren, sich dadurch vom Wettbewerb abheben und größere Bemühungen im Bereich Tierwohl verfolgen und kommunizieren.
Die SWOT-Analyse als Entscheidungshilfe
Die SWOT-Analyse hat Ihnen gezeigt, dass es sinnvoll für Ihr Unternehmen ist, die Filialen zu kaufen. Weiterhin macht Sie Ihnen deutlich, an welchen Stellschrauben Sie noch drehen können und in welchen Punkten Sie schon sehr gut dastehen, sei es bei den Kunden, bei der Qualität oder beim Thema Innovation.
Auch wenn Sie kein Metzger sind, sondern ein Bäcker, ein Schreiner, ein Metallbauer, eine Elektrofachkraft, ein Maler, ein Dachdecker oder ein Brauer – Sie stehen bestimmt auch regelmäßig vor kleinen oder großen Entscheidungen. Selbst im Privatleben müssen wir manchmal entscheiden, welchen Weg wir einschlagen wollen. Die SWOT-Analyse ist ein geeignetes Tool, um uns vor Augen zu führen, wie wir mit den Mitteln der Gegenwart unsere Ziele in der Zukunft erreichen können. Probieren Sie sie einmal aus, die Chance dazu bietet sich bestimmt schon bald!
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